Laterale
|
Unter dem Titel "Laterale" werden vom 1.6. bis zum 6.7. im Schillerpalais
die Arbeiten dreier junger Künstler zu sehen sein. Drei Positionen in ganz
unterschiedlichen Medien: Video von Nina Martin, Skulpturen von Gregor Gaida
und Bildobjekte von Thomas Behling.
Verbindend ist das Motiv des menschlichen Körpers. Jedoch präsentieren die
Künstler eine Körperlichkeit, die außerhalb des gewohnten liegt. Der Körper
ist präsent und zentrales Element der Arbeiten, lässt sich aber schwer
einordnen. Ganz im Sinne des Titels ?Laterale?, dessen Wortsinn
Vieldeutigkeit beinhaltet. Ein Lateral ist unter anderem die Bezeichnung für
ein Rätsel, dessen Auflösung unwahrscheinlich oder abwegig erscheint.
(So sind die Protagonisten der Kunstwerke auf sich selbst zurückgeworfen,
auf ihre körperliche Existenz. Der Sinn ihrer Existenz muss erst noch
gefunden werden.)
So ist die Geschichte der Protagonisten nicht ausformuliert und muss erst
gefunden werden.
Ausgehend von einer intensiven Auseinandersetzung mit dem modernen und
zeitgenössischen Tanz, untersucht Nina Martin in ihren experimentellen
Videoarbeiten die Verbindung zwischen den Eigenbewegungen des Körpers, den
Kamerabewegungen und der Bildmontage.
Ausgewählte, sich wiederholende Bewegungen des Körpers und einzelner
Gliedmaßen werden durch rhythmische, synchrone oder gegenläufige
Kameraführung filmisch dargestellt und abstrahiert. Die Anschließende
Montage bricht die Bewegungen und fügt sie neu zusammen.
Im Auflösungsprozess des Filmens wird die körperliche Bewegung von einer
Räumlichkeit abgekoppelt und von einer Funktion befreit. Der Betrachter kann
die Bewegungen nicht mehr zuordnen und schwankt zwischen Irritation und
Wiedererkennung.
In ihrer aktuellen Arbeit, dem Essay-Film "Downtown", beschreibt Nina Martin
ausgehend von der Wahrnehmung ihrer selbst, die inneren Befindlichkeiten
einer Frau in der Großstadt.
Das Video beschreibt auf mehreren Ebenen sowohl die Beobachtung des eigenen
Körpers, als auch die Begegnungen mit Personen aus dem unmittelbaren Umfeld
der Frau.
Zu sehen sind Bilder aus dem New Yorker Untergrund, man blickt aus dem
Fenster der Subway. Aus der Dunkelheit blitzen Lichter, Züge rauschen
vorbei.
Der Rezipient wird mit einer Informationsflut von Stimme und Bild
konfrontiert, welche sich auch inhaltlich durch den Film ziehen und ihren
Höhepunkt in der Stimmenüberlagerung am Ende des Videos finden.
Gregor Gaida bezieht eine Position, die mit vertrauten bildhauerischen
Traditionen bricht.
Zu sehen sind lebensgroße Momentaufnahmen von Figuren deren Bewegung
eingefroren und die an den imaginären Bildrändern beschnitten sind.
Dabei entsteht ein Bild, das den Raum mit einbezieht und aus ihm seine
Energie schöpft.
Der narrative Charakter des Figürlichen nimmt eine zentrale Rolle ein. Es
werden Geschichten erzählt, ohne sie auszuformulieren. Dem Betrachter wird
dabei das Gefühl des Erkennens und des Einordnens vermittelt, welches Gaida
sich zu nutzten macht, um Inhalte und Stimmungen zu transportieren, die mit
dem vermeintlich Erkannten brechen.
Das Gezeigte changiert zwischen Spiel und Ernst, zwischen ?heiler Welt? und
?Misere?.
Auf den ersten Blick wirken die Arbeiten von Thomas Behling wie
Heiligenbilder, Scherenschnitte oder Kitschbildchen aus vergangenen Tagen.
Die meist kleinformatigen Motive in alten, von Gebrauchsspuren gezeichneten
Rahmen entfalten eine vertraut anmutende, überschaubare Motivwelt mit
farbenprächtigem Blumenschmuck, Heiligenfiguren und Heileweltmotiven. Sie
erscheinen wie geschaffen für den erbaulichen Augenblicke im stillen Winkel.
Es bleibt dem zweiten Blick vorbehalten, den trügerischen Schein der Bilder,
ihre Ironie oder bisweilen auch ihre Abgründe zu durchschauen. So vertraut
sich z.B. in einem Bild ein holdes Mädchen in hellblauem Kleid einer dunklen
Gestalt an, deren blutendes Herz sie in der Hand zerdrück.
|

von:A.Sann
online seit
20.06.2007
|
|